1.3. Ausnahmeregelungen im Urheberrecht

Möchten Sie einen urheberrechtlich geschützten Inhalt verwenden, sind Sie grundsätzlich dazu verpflichtet, die Zustimmung der Urheber:innen einzuholen und sie ggf. für die Nutzung des Werks zu vergüten. Das Urheberrechtsgesetz sieht jedoch Ausnahmefälle vor, in denen die Nutzung von Inhalten Dritter auch ohne das Einverständnis der urhebenden Person möglich ist. Im folgenden führen wir diejenigen auf, die mit Blick auf den Bildungsbereich besonders relevant sind. 




               

Als Erinnerung: Wie in Lektion 1.1 erläutert, fallen einige Inhalte nicht in den Schutzbereich des Urheberrechts. Gemeinfreie Werke und Amtswerke sind zugunsten der Allgemeinheit vom Schutz des Urheberrechts ausgenommen. Diese Werke dürfen ohne Einschränkungen genutzt werden. Gemeinfrei wird ein Werk, wenn die urhebende Person seit mindestens 70 Jahren verstorben ist. Auch Werke, die keine Schöpfungshöhe erreichen sind gemeinfrei. Amtswerke umfassen Gesetzestexte, Verordnungen und Urteile.


Eine zustimmungsfreie Nutzung fremder Werke ist aufgrund der sogenannten Schranken des Urheberrechts unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Besonders relevant im Hochschulkontext sind das Zitatrecht, § 51 UrhG sowie die Regelung in § 60a UrhG  für die Bereiche Unterricht und Lehre.

§ 51 UrhG erlaubt die Zitation geschützter Werke. Dabei darf grundsätzlich aus jedem veröffentlichten Werk in jedem Werk zitiert werden, sofern 

    • ein inhaltlicher Zusammenhang besteht; der zitierte Inhalt also eigene Ausführungen belegt und eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Zitierten stattfindet (Zitatzweck),
    • die Länge des Zitats angemessen ist, also nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich zitiert wird (Zitatumfang),
    • das Werk nicht verändert wird (Änderungsverbot) und
    • die Quelle aufgeführt ist (Quellenangabe).

Wenn das zitierte Werk hingegen das eigene Werk ersetzt oder wenn der fremde Inhalt nur einen dekorativen Zweck erfüllt, ist das Zitat nicht zulässig.

Im folgenden Video haben wir die o.g. Kriterien für ein zulässiges Zitat noch einmal in aller Kürze für Sie zusammengefasst.

Video: Wann ist ein Zitat ein Zitat? von twillo, lizenziert unter CC BY-ND 4.0
  



               

Die Inhalte von § 51 UrhG beziehen sich auf direkte Zitate, also die wortwörtliche Wiedergabe bzw. unveränderte Kopie von Teilen eines Werks. Doch wie verhält es sich beim Paraphrasieren, also bspw. der Wiedergabe des Inhalts eines Werks in eigenen Worten?
Da nur konkret ausgeformte Leistungen (körperliche Werke) durch das Urheberrecht geschützt sind, ist das Paraphrasieren keine urheberrechtlich relevante Handlung. Vorsicht ist hier aber trotzdem geboten! Erwecken Sie in Ihrer Veröffentlichung den Eindruck, die paraphrasierten Gedanken, Konzepte oder Ideen stammten von Ihnen selbst, maßen Sie sich damit eine fremde Autor:innenschaft an und begehen ein Plagiat. Dies kann strafrechtliche, arbeitsrechtliche oder hochschulrechtliche Folgen nach sich ziehen. Weisen Sie von daher Gedanken Dritter immer eindeutig als solche aus. Dies dient nicht nur ihrer eigenen Absicherung, sondern auch der Einhaltung der Vorgaben des guten wissenschaftlichen Arbeitens (vgl. El-Auwad/Fischer 2021Urheberrecht.de 2023b)


60a UrhG
gestattet die Nutzung von bis zu 15 % eines veröffentlichten Werks zur Veranschaulichung in Unterricht und Lehre an einer Bildungseinrichtung. Abbildungen, einzelne Beiträge aus derselben Zeitung/Zeitschrift, sonstige Werke geringen Umfangs oder auch vergriffene Werke dürfen sogar vollständig genutzt werden. Aber Vorsicht: Die Nutzung ist nur zu nicht kommerziellen Zwecken und in eingeschränkter Öffentlichkeit (also bspw. für Lehrende und Teilnehmende einer geschlossenen Lehrveranstaltung an der Hochschule) zulässig.

Hier ein Beispiel aus der Lehrpraxis: Stellen Sie sich vor, Sie scannen zehn Seiten aus einem 200seitigen Lehrbuch. Machen Sie die Scans nun - als Lektüre zur Vertiefung eines Themas - einer Seminargruppe über das Lernmanagementsystem Ihrer staatlichen Hochschule zugänglich, ist das zulässig. Der Grundsatz der eingeschränkten Öffentlichkeit ist gegeben; nur die Teilnehmenden Ihres Seminars können auf die Inhalte zugreifen. Nicht erlaubt ist hingegen, die Scans in einen öffentlich zugänglichen Online-Kurs einzubinden. Da die Allgemeinheit in diesem Fall auf den Kurs zugreifen kann, ist hier der Grundsatz der eingeschränkten Öffentlichkeit nicht erfüllt. Daraus folgt auch, dass Sie nicht von den Regelungen des §60a Gebrauch machen dürfen, wenn Sie planen, Ihre Lehrmaterialien als Open Educational Resources zu teilen. Das folgende Video fasst die o.g. Punkte noch einmal für Sie zusammen.

Video: Gelten die Bestimmungen für Unterricht und Lehre (§60a UrhG) auch für OER? von twillo, lizenziert unter CC BY-ND 4.0





               

Neben §51 und §60a besteht eine Vielzahl weiterer Schranken im Urheberrechtsgesetz. Möchten Sie sich tiefergehend mit diesen auseinandersetzen, bieten Ihnen die folgenden Videos einen guten Überblick.
  1. Medienrecht 21 Urheberrecht - Schranken. von Prof. Dr. Marc Liesching, alle Rechte vorbehalten
  2. Urheberrecht Folge 5 - Urheberrechtliche Schranken von Prof. Dr. Linda Kuschel, Bucerius Law School, lizenziert unter CC BY-ND 4.0


Besonderheiten bei Verlinkungen und Einbettungen

Im Internet ist eine Vielzahl von Werken zugänglich. Doch dürfen Sie diese grundsätzlich durch einen Hyperlink oder eine Einbettung (Embedding oder Framing) in Ihre Lehrmaterialien einbinden? 

Da die Inhalte von deren Urheber:innen/Rechteinhaber:innen ins Internet gestellt wurden und Sie durch eine Verlinkung nur auf das bereits veröffentlichte Material verweisen, sind Hyperlinks und Einbettungen im nicht kommerziellen Bereich aus rechtlicher Sicht zulässig. Wichtig ist dabei jedoch, dass die Inhalte öffentlich zugänglich sind und nicht hinter einer Login- oder Bezahlschranke liegen. 

Eine Ausnahme gilt für den Fall, dass wissentlich auf rechtsverletzende Inhalte verlinkt wurde (z.B. illegaler Stream einer Serie) oder die Rechtsverletzung offensichtlich ist (z.B. bei Missbrauchsszenen, nationalsozialistischen Äußerungen o.Ä.). In diesem Fall kann die verlinkende Person für die Verlinkung haftbar gemacht werden. Dies ist auch bei einer Linksetzung mit Gewinnerzielungsabsicht möglich, also z.B., wenn kommerzielle Banner genutzt werden oder es sich um die Website von Influencer:innen oder Unternehmen handelt (vgl. Urheberrecht.de 2023c).