1.4 Nutzungsrechte

Video 1: Was sind eigentlich Nutzungsrechte? von twillo, lizenziert unter CC BY-ND 4.0

Bei Nutzungsrechten handelt es sich also um die  rechtskräftige Erlaubnis, ein Werk auf eine bestimmte Weise und unter bestimmten Bedingungen zu verwenden, die Urheber*innen oder Rechte*inhaberinnen des Werks Dritten erteilen können. 
Eine solche Einräumung von Nutzungsrechten stellt einen Vertrag zwischen den Urheber:innen/Rechteinhaber:innen des Werks und den Personen dar, die es nutzen möchten. Dabei wird festgelegt, zu welchem Zweck, auf welche Art und für welchen Zeitraum das Werk genutzt werden darf. 


               

Im UrhG wird die Einräumung von Nutzungsrechten unter §31 wie folgt beschrieben:

(1) Der Urheber kann einem anderen das Recht einräumen, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen (Nutzungsrecht). Das Nutzungsrecht kann als einfaches oder ausschließliches Recht sowie räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt eingeräumt werden.
(2) Das einfache Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber, das Werk auf die erlaubte Art zu nutzen, ohne dass eine Nutzung durch andere ausgeschlossen ist.
(3) Das ausschließliche Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber, das Werk unter Ausschluss aller anderen Personen auf die ihm erlaubte Art zu nutzen und Nutzungsrechte einzuräumen. Es kann bestimmt werden, dass die Nutzung durch den Urheber vorbehalten bleibt. § 35 bleibt unberührt.
(4) (weggefallen)
(5) Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich nach dem von beiden Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt. Entsprechendes gilt für die Frage, ob ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, ob es sich um ein einfaches oder ausschließliches Nutzungsrecht handelt, wie weit Nutzungsrecht und Verbotsrecht reichen und welchen Einschränkungen das Nutzungsrecht unterliegt.


Wie der Gesetzestext zeigt,  unterscheidet man zwischen dem einfachen und dem ausschließlichen (oder auch exklusiven) Nutzungsrecht.  
Erteilen Sie - als Urheber:in - einer Person A ein einfaches Nutzungsrecht an einem Ihrer Werke, darf A das Werk nutzen, ohne dass eine Nutzung durch andere Personen ausgeschlossen wird. D.h. Sie können Ihr Werk z.B. selbst weiter verwenden und/oder den Personen B, C oder D ebenfalls Nutzungsrechte einräumen. Erhält A jedoch das ausschließliche Nutzungsrecht von Ihnen, darf - wie der Name schon sagt - ausschließlich A das Werk auf die von Ihnen erlaubte Art nutzen und/oder Nutzungsrechte an andere Personen weitergeben. Die Vergabe eines ausschließlichen Nutzungsrechts schränkt also Ihre Möglichkeiten, Ihr eigenes Werk zu nutzen, deutlich ein (vgl. Urheberrecht.de 2023d).

In dem folgenden Video fassen wir diese Information noch einmal für Sie zusammen: 
Video 1: Worin unterscheiden sich einfache und ausschließliche Nutzungsrechte? von twillo, lizenziert unter CC BY-SA 4.0


                     

Wird es nicht anders schriftlich vereinbart, ist davon auszugehen, dass Verlage ausschließliche Nutzungsrechte an Ihrem Werk erhalten, wenn sie diese veröffentlichen (vgl. § 8 Verlagsgesetz). Damit haben Sie selbst keine Möglichkeit mehr, etwas mit Ihrer eigenen Arbeit zu machen (z.B. Änderungen vorzunehmen). Die einzigen Rechte am Werk, die bei Ihnen verbleiben, sind das Recht als Urheber:in genannt zu werden (sofern vertraglich kein wirksamer Verzicht vereinbart wurde) sowie das Zweitveröffentlichungsrecht. 

Das Zweitveröffentlichungsrecht ist allerdings recht restriktiv. Es besagt, dass ein Werk nach Ablauf der Karenzfrist von 12 Monaten seit der Erstveröffentlichung nochmals online öffentlich zugänglich gemacht werden darf. Dies gilt jedoch nur unter folgenden Voraussetzungen (§ 38 Abs. 4 Urhebergesetz):

  • Es handelt sich um einen wissenschaftlichen Beitrag in einer periodischen (mind. 2x Jahr erscheinenden) Sammlung, der in mindestens zur Hälfte aus Drittmitteln finanzierten Forschungsprojekten (außeruniversitärer Bereich) entstanden ist,
  • Rechte an dem Artikel müssen exklusiv bei einem Verlag liegen,
  • der Artikel darf nur als Manuskriptversion (also keine Printversion!) veröffentlicht werden, die mit dem Verlag abgestimmt wurde,
  • die Quelle der Erstveröffentlichung muss angegeben werden;
  • mit der Veröffentlichung darf kein gewerblicher Zweck verfolgt werden.

Die weiteren Nutzungsrechte verbleiben nach wie vor bei dem Verlag. Allein der Verlag darf das Werk wirtschaftlich verwerten, vervielfältigen (z.B. Kopien erstellen) und in Printform verbreiten. Allein der Verlag darf Dritten Rechte an dem Werk einräumen. 

Wollen Sie selbst entscheiden, wo und wie Ihr Werk veröffentlicht wird, sollten Sie einem Verlag nur einfache Rechte einräumen oder die Verwertungsrechte bspw. auf einen Zeitraum beschränken, der für Sie angemessen ist. Selbstverständlich müssen diese Vereinbarungen schriftlich fixiert sein, um gültig zu werden.


Nutzungsrechte können inhaltlich, zeitlich oder auch räumlich unbeschränkt oder auch beschränkt sein (vgl. Anwalt.de o. J.):
  • räumliche Beschränkung meint, dass das Nutzungsrecht nur in bestimmten Staaten oder Sprachräumen gilt,
  • zeitliche Beschränkung bedeutet, dass das Nutzungsrecht nur für einen festgelegten Zeitraum besteht 
  • inhaltliche Beschränkung bedeutet, dass nur bestimmte Nutzungsarten (z.B. Verbreitung und Vervielfältigung) erlaubt sind.

         
Fragen Sie sich nun, was diese Lektion mit offenen Bildungsmaterialien zu tun hat? Mit der Veröffentlichung Ihres Werks als OER (d.h. unter einer offenen Lizenz) vergeben Sie einfache, zeitlich und räumlich unbeschränkte Nutzungsrechte an Ihren Werken - und zwar nicht für einzelne Personen, sondern für die Allgemeinheit. In Lektion 1.5 schauen wir uns offene Lizenzen genauer an.




Besonderheiten an Hochschulen 

Wenn Sie an einer Hochschule beschäftigt sind, haben Sie sich evtl. schon einmal gefragt, ob Sie frei über die Verwertung der im Rahmen Ihrer Anstellung von Ihnen erstellten Werke entscheiden dürfen. Leider lässt sich diese Frage nicht pauschal beantworten. Es hängt von Ihrer Statusgruppe und der Finanzierung Ihrer Stelle ab (vgl. twillo 2023). 

  • Wissenschaftliche Mitarbeiter:innen und studentische Hilfskräfte übertragen i.d.R. ausschließliche Nutzungsrechte an Ihren Dienstwerken - d.h. vertraglich geschuldeten Werken, die sie also im Rahmen ihrer Anstellung erstellen müssen -  an die Hochschule, an der sie beschäftigt sind (vgl. § 43 UrhG). Individuelle Vereinbarungen zur Übertragung von Nutzungsrechten sind ggf. im Arbeitsvertrag geregelt. Ausgenommen sind Qualifizierungsarbeiten, also Bachelor- und Masterarbeiten, Dissertationen und Habilitationen. Hierbei handelt es sich um sog. freie Werke, über deren Verwertung allein die Ersteller:innen entscheiden dürfen (vgl. Uni Bremen o.J.).
  • Die Statusgruppe der (Junior- und Honorar-) Professor:innen sind - aufgrund der Freiheit von Wissenschaft und Lehre (Art. 5 Abs. 3 GG) - in Forschungs- und Lehrtätigkeiten nicht weisungsgebunden. Somit dürfen sie die im Rahmen dieser Tätigkeit entstehenden Werke (z. B. Lehrmaterialien, wiss. Publikationen) frei gestalten und verwerten. Erst über zwischen Professor:in und Hochschule getroffene Vereinbarungen erhält die Hochschule bestimmte Nutzungsrechte an den Materialen. Von Professor:innen erstellte Prüfungsaufgaben sind ein anderer Fall: Hier ist es durchaus möglich, dass die Nutzungsrechte bei der Hochschule liegen.
  • Freie Mitarbeitende, wie z.B. Lehrbeauftragte, sind nicht per se verpflichtet, der Hochschule Nutzungsrechte an ihren Lehrmaterialien einzuräumen. Es ist aber möglich, das dies im Dienst-/Werkvertrag geregelt ist. 

Unabhängig von der Statusgruppe können auch Drittmittelgeber:innen Nutzungsrechte an den im Rahmen des finanzierten Projekts entstehenden Materialien besitzen. Inwiefern dies der Fall ist, wird vertraglich zwischen Hochschule und Drittmittelgeber:in geregelt. Gleiches gilt, wenn Lehrende in einem direkten Dienstverhältnis zum Träger der Hochschule stehen. In diesem Fall besitzt ggf. der Hochschulträger Nutzungsrechte an den innerhalb der Anstellung erstellten Werken. 


    
Bitte beachten Sie, dass sich Regelungen zur Übertragung von Nutzungsrechten von Institution zu Institution unterscheiden können. Prüfen Sie daher stets Dienstvereinbarungen, Arbeits-/Werk- und Drittmittelverträge oder auch andere Übereinkünfte zwischen Ihnen, der Hochschule, dem Hochschulträger oder dem/der Drittmittelgeber:in.

Als Student:in sind Sie nicht dazu verpflichtet, Ihrer Hochschule Nutzungsrechte an den im Rahmen des Studiums erstellen Werken (z.B. Haus-, Seminar-, Projekt- oder Qualifizierungsarbeiten) zu übertragen. Auch dann, wenn der Anstoß oder die Idee zu Ihrer Erarbeitung von der Hochschule oder deren Dozierenden ausging und/oder Sie technische Möglichkeiten der Hochschule für die Erstellung Ihres Werks genutzt haben (vgl. Förster 2018), gelten Ihre Arbeiten als "freie Werke", über deren Verwertung nur Sie als Urheber:in entscheiden dürfen. Um Ihrer Hochschule eine Nutzung Ihrer Arbeiten zu ermöglichen, können Sie dies vertraglich mit der Institution vereinbaren und sich die Übertragung von Nutzungsrechten ggf. auch vergüten lassen.