In diesem Text von Stefan Schmeja erfahrt ihr ein wenig über die Hintergründe der Open-Access-Bewegung und das wissenschaftliche Publikationswesen.

Open-Access-Zeitschriften: Schluss mit Paywalls

Wissenschaftliche Zeitschriften sind traditionell sehr teuer und für viele nicht zugänglich. Seit rund 20 Jahren versucht die Open-Access-Bewegung, wissenschaftliche Publikationen für alle kostenlos zugänglich und nachnutzbar zu machen. Rund 50 Prozent der Zeitschriftenartikel des Jahres 2020 sind durch Veröffentlichung in einer Open-Access-Zeitschrift oder auf anderem Weg frei verfügbar.

Wichtigste Form der Kommunikation von Forschungsergebnissen

Wissenschaftliche Zeitschriften stellen heute in den meisten Fächern die wichtigste Form der Kommunikation von Forschungsergebnissen dar. Waren sie bis ins 20. Jahrhundert in der Hand der Wissenschaft und wurden beispielsweise von Fachgesellschaften oder Akademien herausgegeben, spielen heute kommerzielle Verlage eine große Rolle. In den Natur- und Sozialwissenschaften wird der Zeitschriftenmarkt inzwischen von wenigen Großverlagen wie Elsevier, Springer Nature, Wiley oder Taylor & Francis dominiert. Der Markt ist lukrativ: Allein mit englischsprachigen Zeitschriften in den MINT-Fächern wurden im Jahr 2018 Erlöse von geschätzt 10 Milliarden Dollar erzielt, die Gewinnspannen mancher Verlage liegen bei 30 bis 40 Prozent.

Marktkonzentration führt zur Zeitschriftenkrise

Diese Entwicklungen führten bereits in den 1990er-Jahren zur sogenannten Zeitschriftenkrise: Die Preise für Zeitschriften insbesondere aus den MINT-Fächern stiegen so stark an, dass viele Bibliotheken Abonnements kündigen mussten. Eine Antwort darauf war der Ruf nach Open Access, dem freien Zugang zu den Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung, wie er 2002 in der Budapest Open Access Initiative und 2003 in der Berliner Erklärung formuliert wurde: Forschungsergebnisse, die in der Regel an öffentlich finanzierten Universitäten und Forschungseinrichtungen erzielt werden, sollten für die Öffentlichkeit frei zugänglich und nachnutzbar sein.

Open-Access-Zeitschriften unterscheiden sich nur im Punkt der Zugänglichkeit von herkömmlichen Fachzeitschriften. Die Qualitätssicherung erfolgt genauso durch ein Begutachtungsverfahren (Peer Review). Mit dem Zugang ist das Finanzierungsmodell verbunden. Wenn nicht mehr die LeserInnen (bzw. hauptsächlich die Bibliotheken über Abonnements) für den Zugriff bezahlen, muss die Finanzierung anderweitig erfolgen. In vielen Fällen hat man das Modell einfach umgedreht und lässt die AutorInnen für die Publikation bezahlen. Diese Gebühren, sogenannte „article processing charges” (APCs), liegen zwischen wenigen hundert und mehreren tausend Euro pro Artikel, wobei die Höhe, ähnlich wie bei Subskriptionen, weniger von den tatsächlichen Kosten als von Faktoren wie der Reputation der Zeitschrift abhängt. Das APC-Modell ist lukrativ für die Verlage, stellt aber für AutorInnen, die nicht über entsprechende Finanzierungsquellen, z. B. aus Drittmitteln, verfügen, eine Hürde und für Bibliotheken, die oft mit der Bezahlung betraut sind, einen hohen Aufwand dar.

Finanzierung von Open Access

Daher wurden Modelle entwickelt, in denen für die AutorInnen keine Kosten anfallen und diese stattdessen zentral verrechnet oder über Konsortien aus verschiedenen Einrichtungen aufgebracht werden. Um den Kostensteigerungen entgegenzuwirken, wird versucht, die Herausgabe von Zeitschriften beispielsweise über Universitätsverlage wieder stärker in die Hände der Wissenschaft zu bekommen. Neben einigen etablierten Zeitschriften, deren Zugangsmodell umgewandelt wurde, sind Open-Access-Zeitschriften häufig Neugründungen, sowohl von traditionellen Verlagen als auch von reinen Open-Access-Verlagen oder aus der wissenschaftlichen Community kommenden Initiativen.

Daher haben Open-Access-Zeitschriften oft noch nicht ein vergleichbares Renommee wie die Top-Journale ihres Fachs aufgebaut oder einen entsprechenden Journal Impact Factor erzielt, auch wenn es bemerkenswerte Gegenbeispiele gibt. Aktuell gibt es mehr als 15.000 Open-Access-Zeitschriften, die bestimmte Qualitätsstandards erfüllen und im Directory of Open Access Journals (doaj.org) verzeichnet sind.

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Text gekürzt. Im Original erschienen in Streifband, Zeitschrift für Lernende und Lehrende der Buch- und Medienproduktion (2021), Nr. 37, S. 12–13. Abrufbar unter: https://doi.org/10.15488/11703.

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Vertiefungsmaterial

Eine Zeitleiste zur Geschichte des Open Access findet ihr auf dem Portal open-access.network.

Auf dem TIB-Blog könnt ihr mehr zu verschiedenen Finanzierungsmodellen für Open-Access-Publikationen nachlesen: Es müssen nicht immer APC sein.


Zuletzt geändert: Donnerstag, 14. September 2023, 08:54