Überblick

Ob Screencast, Erklärvideo oder Tutorial: Neben der Videoqualität kommt es besonders auf die Audioqualität an. Kleine Bildfehler sind eher zu verkraften als ein schlechter Ton. Der Fokus liegt hier auf Sprachaufnahmen und wie diese schnell verbessert werden können.

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Kompetenzen

  • Geeignete KI-Tools zur gezielten Audiobearbeitung auswählen und anwenden
  • Tonqualität und Sprachverständlichkeit mit KI verbessern
  • Grundsätze der Audiobearbeitung verstehen und praktisch anwenden
KI-gestützte Verbesserung von Sprachaufnahmen

Authentischer Klang oder störende Geräusche? Für eine stimmige Tonqualität zählt der Gesamteindruck. Es ist daher nicht immer sinnvoll, alle Hintergrundgeräusche vollständig zu entfernen.

Wenn du beispielsweise ein Thema vor der Kamera präsentierst oder ein Interview an einer speziellen Location aufzeichnest, sollte der Ton die jeweilige Umgebung widerspiegeln – das sorgt für Authentizität im Video. Anders ist es bei Videos ohne sichtbare sprechende Person, etwa bei Screencasts, Experimenten oder Objektaufnahmen. Hier steht die Sprachverständlichkeit im Vordergrund, weshalb störende Hintergrundgeräusche stärker gefiltert bzw. vollständig herausgefiltert werden sollten. Der Einsatz einer Off-Stimme (separat hinzugefügte Sprachaufnahme) ist hier das Mittel der Wahl.

Wenn der Ton nicht perfekt ist

Was tun, wenn kein professionelles Mikrofon zur Verfügung stand oder die Aufnahme rauscht, hallt oder zu leise ist? Hier kann KI schnell helfen. Anhand verschiedener Tools und Beispiele zeigen wir, wie die Sprachverständlichkeit verbessert werden kann und wie die KI Sprachaufnahmen technisch bearbeitet.


Wie KI Sprache analysiert und optimiert

Grundlagen der Sprachverständlichkeit

Sprachverständlichkeit wird durch zwei Faktoren beeinflusst: durch die Lautstärke und die Betonung der richtigen Frequenzen. Die menschliche Stimme bewegt sich im Frequenzbereich von etwa 80 Hz bis 12 kHz, wobei männliche Stimmen meist im tieferen Bereich liegen und weibliche Stimmen meist höher beginnen (ab etwa 200 Hz).

Um die Sprachverständlichkeit zu verbessern, hebt die KI bestimmte "relevante" Frequenzen an und mildert andere ab. Ein Beispiel ist der De-Esser-Filter, der hohe, spitze "S"-Laut (um 7 kHz) reduziert bzw. herausfiltert. Bei "dumpf" erscheinenden Stimmen hingegen kann die KI beispielsweise Höhen und Tiefen anheben, um die Stimme klarer und lebendiger wirken zu lassen.

Sprachaufnahme verbessern

Egal, auf welche Weise die Audiospur bearbeitet werden soll – die KI analysiert das Audio grundsätzlich nach einem ähnlichen Prinzip. Zunächst zerlegt sie das Material in seine Bestandteile und erkennt dabei Sprache, Musik, Sounds und andere Hintergrundgeräusche. 

Gerade bei der Produktion von Lehr-/ Lernvideos sind eine klare Wissensvermittlung und eine gute Sprachverständlichkeit entscheidend. Daher versucht die KI, die Sprache aus dem Audio herauszufiltern und ihre Verständlichkeit gezielt zu verbessern. Dies erfolgt grundlegend über eine sogenannte "Voice Isolation". Auch KI-Funktionen zur Geräuschentfernung separieren die Sprache vom Hintergrund und filtern Störungen heraus, wobei dabei oft weitere Feineinstellungen und individuelle Anpassungen möglich sind.

Stolperfalle

Nicht immer werden die Begrifflichkeiten in den Tools identisch verwendet. So kann eine entsprechende Funktion z. B. "Speech Isolation" oder "Audio verbessern" oder "Audio optimieren" heißen. 

Doch wie genau arbeitet die KI? Im Prinzip geht sie ähnlich vor wie ein*e Mediengestalter*in, der*die versucht, das Beste aus einer Audioaufnahme herauszuholen – nur automatisiert. Die Reihenfolge der Bearbeitungsschritte kann dabei variieren, umfasst jedoch meistens:  

  • Erkennung und Entfernung von Störgeräuschen (Noise Reduction, z. B. Rauschen, Brummen, Reverb/Hall)
  • Anpassung der Lautstärke und Ausgleich von starken Schwankungen (z B. Begriffe wie Leveler, Limiter, Compressor, Loudness, Lautstärkenormalisierung)
  • Verbesserung der Sprachverständlichkeit durch Frequenzanpassungen und Filter (z. B. EQ, De-Esser).

Je nach Tool umfassen die KI-Funktionen nicht jeden Teil dieser Bearbeitungsschritte. In manchen Fällen muss die Lautstärke beispielsweise im Nachgang manuell angepasst werden.  Die Audioqualität hängt letztlich immer auch von der ursprünglichen Audioaufnahme im Video sowie vom verwendeten Tool und dessen Algorithmus ab.

Beispiel: Audio-Verbesserung für ein Erklärvideo

Wir gehen von folgendem Szenario aus: Wir haben ein Erklärvideo oder Tutorial produziert, sind aber mit der Tonqualität unzufrieden:

  • Die Aufnahme ist zu leise,
  • wir haben störende Geräusche im Hintergrund,
  • ein leichter Hall beeinträchtigt die Verständlichkeit.

Da die sprechende Person im Video nicht zu sehen sein wird, ist unser Ziel, dass die Stimme auch so klar und deutlich verständlich sein soll. Höre dir das Beispiel an:

  

Gegen Ende der Aufnahme ist ein zusätzliches Störgeräusch (Rascheln) zu hören, das teilweise die Sprache überdeckt. In vielen Schnittprogrammen (z. B. Adobe Premiere, DaVinci Resolve, Camtasia in Verbindung mit Audiate, Filmora) hast du die Möglichkeit, die Stimme direkt während der Videobearbeitung durch KI filtern zu lassen. So können störende Hintergrundgeräusche automatisch entfernt werden.

Der Grad der Bearbeitung lässt sich meist mit einem Slider (Prozentangabe) individuell anpassen. Viele integrierte KI-Stimmenoptimierer liefern ein solides bis sehr gutes Ergebnis. Allerdings hängt die Qualität der Bearbeitung stark von der Leistungsfähigkeit des eigenen Rechners ab, z. B. von der Grafikkarte und der Anzahl an GPU. Auf schwächeren Geräten kann sich die Bearbeitungsdauer verlängern und das Ergebnis fällt unter Umständen weniger präzise aus.
Besonders bei starken Störgeräuschen, die die Stimme in Lautstärke oder Frequenz überlagern, können trotz KI-Nachbearbeitung leichte Artefakte zurückbleiben. In solchen Fällen empfiehlt es sich, zusätzlich Online-Audio-Tools in Betracht zu ziehen, wie sie häufig im Podcast-Bereich eingesetzt werden (z. B. Adobe Enhancer, Auphonic). Diese Tools lagen die Bearbeitung sozusagen aus, wodurch die eigene Rechnerleistung keine Rolle spielt.

Tool Tipp

Mit Adobe Enhancer und Auphonic ist es möglich, Audiodateien oder ganze Videos hochzuladen und automatisch bearbeiten zu lassen. Das bietet sich besonders an, wenn bereits fertige Videos für eine Veröffentlichung optimiert werden sollen oder wenn du die Audioqualität deiner Videos vereinheitlichen möchtest. So entsteht über mehrere Produktionen hinweg ein konsistentes Klangbild.

Im folgenden Beispiel wurde Adobe Enhancer eingesetzt (kostenlos in begrenztem Umfang nutzbar, erweiterte Möglichkeiten mit kostenpflichtigem Abo). Das Ergebnis: Die Stimme klingt deutlich kräftiger und die Störgeräusche (leichter Straßenlärm, Hall und Rascheln) wurden wirkungsvoll entfernt. Das Tool eignet sich besonders für Videos, in denen ausschließlich eine Stimme zu hören ist. Wenn zusätzlich Musik oder Soundeffekte verwendet werden, empfiehlt sich hingegen eher Auphonic mit den dortigen Presets, um das Video schnell zu optimieren.